Zuständigkeit bei Unterbringung im polnischen Pflegeheim
Das Oberlandesgericht Karlsruhe erließ am 22.07.2024 (Az.: 14 W 50/24) ein wichtiges Urteil zur internationalen Zuständigkeit bei Erbschaften.
Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob deutsche oder polnische Gerichte für die Erteilung eines Erbscheins zuständig sind, wenn der Erblasser in einem polnischen Pflegeheim verstorben ist.
Kernaussagen des Urteils:
- Gewöhnlicher Aufenthalt und Bleibewille: Das Gericht stellte fest, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers nicht allein durch den tatsächlichen Aufenthaltsort bestimmt wird, sondern auch durch den Bleibewillen (animus manendi). Im vorliegenden Fall fehlte es an einem Bleibewillen des Erblassers, da dieser aufgrund seiner Demenzerkrankung gegen bzw. ohne seinen Willen in das polnische Pflegeheim verbracht wurde.
- Umstände des Einzelfalls: Das Gericht betonte, dass die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts eine Gesamtbeurteilung der Umstände des Einzelfalls erfordert. Zu berücksichtigen sind unter anderem die Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts, die Gründe für die Präsenz im betreffenden Staat, familiäre und soziale Bindungen sowie die Belegenheit des Vermögens.
- Internationale Zuständigkeit: Aufgrund der fehlenden persönlichen Bindungen des Erblassers zu Polen und der Tatsache, dass sein gesamtes Vermögen in Deutschland lag, entschied das OLG Karlsruhe, dass die deutschen Gerichte für die Erteilung des Erbscheins zuständig sind.
Dieses Urteil verdeutlicht, dass die Unterbringung in einem ausländischen Pflegeheim allein nicht ausreicht, um einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) zu begründen. Erforderlich ist vielmehr ein Bleibewille, an dem es im vorliegenden Fall fehlte.
Quelle: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.07.2024, Az.: 14 W 50/24